Behalten wollen

Kennen Sie das Spiel: „Ich packe meinen Koffer …“?
Beim fiktiven Kofferpacken zählt man Dinge auf, die mit auf eine Reise sollen.  Die erste Person benennt einen Gegenstand, der nächste Mitspieler zählt diesen auf und ergänzt um einen weiteren usw. Wer als Zehnter an der Reihe ist, muss stolze neun Utensilien seiner Vorredner behalten haben, um weiter im Spiel zu bleiben – und das auch noch in der richtigen Reihenfolge!

Und nun stelle ich Ihnen eine einfache Rechenaufgabe. Rechnen Sie im Kopf:

(1)   \begin{equation*} 326\cdot 7 =\ ? \end{equation*}


Bitte seien Sie ehrlich: Wie oft haben Sie wieder von vorne angefangen zu rechnen, bis Sie zum Endergebnis kamen?

(2)   \begin{align*}  7\cdot 300 & = & 2100  \\7\cdot 20 & = & 140 \\ 7\cdot 6 & = &  42 \\ 2100 +140+42&= &2282 \end{align*}

Während man die zweite Multiplikation durchführt, hat man meist schon das Ergebnis der ersten vergessen. Aber wie kann das sein?

Wie beim Spiel bedarf es auch beim Kopfrechnen der Notwendigkeit, eine Art Zwischenspeicherung vorzunehmen. Wäre Ihnen bereits vorher bewusst, dass Sie das Ergebnis der vorherigen Rechnung später wieder brauchen, würden Sie es sich aktiv merken. Die meisten Menschen legen aber – dessen unwissend – einfach los.

Es macht einen Unterschied, ob wir etwas behalten wollen und darin einen Nutzen erkennen oder nicht. Schließlich ist Denken Arbeit. Es bereitet vielen Schülern sichtlich Mühe, mit dem Kopf zu rechnen. Die meisten wollen es einfach nicht, und sehen – dank Taschenrechner und diverser Apps – auch keine Erfordernis, es selbst zu können. Das ist schade, denn auf diese Weise verpassen sie eine Chance.

Viele Dinge in unserem Alltag wiederholen sich, kommen wieder und bauen aufeinander auf. Man muss nicht ständig alles neu lernen – man lernt immer wieder etwas dazu. Wenn man das Wichtige behalten hat, dann ist das ein gutes Gerüst, um sich bei Bedarf mit Einzelheiten zu beschäftigen. Wenn man jedoch den roten Faden verliert – aus welchen Gründen auch immer – dann hat man später lauter lose Puzzleteile im Kopf, die kein zusammenhängendes Bild mehr ergeben. Das ist dann auch der Grund, warum man zu keinem Ergebnis kommt und lieber aufgibt.

Man steckt gedanklich in Schleifen, die kein Ende zu haben scheinen.  Wenn Sie am Ende der Rechnung Ihre Teilergebnisse vergessen haben, werden Sie immer wieder von vorne anfangen müssen. Irgendwann springen Sie in Gedanken hin und her und es geht überhaupt nicht mehr voran. Das ist zermürbend und macht alles andere als Spaß. Besser wäre es, Sie würden zwischenzeitlich kurz anhalten und ihre Zwischenergebnisse festhalten. So, wie Sie beim Kofferspiel noch mal alle Stationen im Geiste durchgehen und vielleicht leise aufsagen. Welche Möglichkeiten es gibt, langfristig behalten zu können, erfahren Sie einem der nächsten Blogbeiträge.

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