Wenn ein Lehrer eine Klasse übernimmt, dann weiß er genau, was seine Schüler einer bestimmten Stufe in diesem Fach lernen sollen. Er hat meist noch aus den Jahren zuvor Aufzeichnungen, die er nur noch abändern oder ergänzen muss. Er ist derjenige, der den Stoff vorgibt. Die Schüler haben sich an ihn anzupassen, nicht umgekehrt. Da er mehrere Stunden pro Woche dasselbe Fach unterrichtet, bereitet er seinen Unterricht zwar für mehrere Personen vor, dafür muss er weniger switchen.
Bei Einzelnachhilfe sieht das anders aus: Jede Stunde steht man vor neuen Herausforderungen. Selbst wenn man weiß, was in Differenzialrechnung normalerweise ansteht, bedeutet das noch lange nicht, dass man vorhersehen kann, was zu welchem Zeitpunkt besprochen wird. Außerdem halten sich Lehrer immer weniger an die Vorgehensweise der Schulbücher. Obgleich der Unterricht zu einem allgemeingültigen Abschluss führen soll, könnte der Weg dorthin nicht unterschiedlicher sein.
Der Nachhilfealltag sieht so aus, dass auf einen Grundschüler ein angehender Abiturient und darauf wieder ein Fünftklässler folgen kann. Das ist in etwa so, als müsste man stündlich zwischen verschiedenen Schulen pendeln und den Unterricht für mehr als zehn verschiedene Klassenstufen vorbereiten. Wer sich ein bisschen in Kombinatorik auskennt, kann sich schnell ausrechnen, dass das eine Menge Möglichkeiten sind. Mal abgesehen davon, dass jeder Schüler ganz eigene Probleme hat.
Vielleicht wird jetzt klarer, was ein versierter, professioneller Nachhilfelehrer leistet. Vermutlich könnte das nicht einmal ein ausgebildeter Lehrer, würde er ständig ins kalte Wasser geschmissen.