Letztens stellte ich auf Facebook eine einfache Frage: Man sollte ermitteln, wie viel man von einem Konzentrat zu 2,5 l Wasser hinzugeben müsse, wenn das Mischungsverhältnis mit 1:100 angegeben ist. Die Antworten waren alle richtig, aber nur einer erkannte, worum es mir bei der Frage eigentlich ging. Wenn wir an Mathematik denken, denken wir ans Rechnen. Uns kommen Formeln aus unserer Schulzeit in den Sinn und wie man sie gebrauchte, was man uns aber schon damals nicht beibrachte war, was die Lösung konkret bedeutete. Es blieb meist bei abstrakten Zahlen.
Unter 0,025 l kann ich mir nicht wirklich eine Menge vorstellen. Würde ich nämlich vor der Aufgabe stehen, wüsste ich nicht, wie ich diese zu messen hätte. Wie viel hingegen 25 ml sind, kann ich mit Hilfe eines Messbechers recht schnell ermitteln. So mag ein Ergebnis, wie V = 324.687 mm³ grundsätzlich korrekt sein, aber ohne praktischen Nutzen, da man sich darunter weder etwas vorstellen noch damit arbeiten kann. Es wäre aber wichtig, dass man die Theorie zum Leben erweckt, denn schließlich soll sie uns helfen unsere Welt zu verstehen und bessere Entscheidungen zu fällen.
Wenn ich mit den Schülern rechne, dann steht immer der Zweck im Fokus. Ich ermutige sie, eine Art „inneren Film“ zu kreieren, der sie eine Aufgabe im realen Leben bewältigen lässt. Wir switchen ständig zwischen Theorie und Praxis hin und her. Es ist, als würde man sich eine virtuelle Brille aufsetzen, die einem die Auswirkungen bestimmter Zahlen visualisiert. Dabei stellt sich jeder Mensch etwas anderes vor, etwas aus seiner Welt. Das erhöht die intrinsische Motivation. Ich stelle mir unter 324.687 mm³ z.B. ein 0,3 l Glas Cola vor, das etwas über den Eichstrich gefüllt ist. Könnten Sie sich auch vorstellen, wie viel höher das wäre? Und würde diese Menge überhaupt hineinpassen? Wer weiß es?
