Die wenigsten Menschen können Gehörtes, Gelesenes oder Vorgemachtes sofort richtig umsetzen. Beim Selbermachen kommen gewöhnlich erst die Fragen auf: „Wie muss ich das jetzt genau machen?“ Es ist daher gut, wenn man zusammen überlegt und zusammen rechnet. So kann man an jeder beliebigen Stelle anhalten und seine Frage stellen. Diese Situation haben wir z.B. während einer Fahrstunde. Der Fahrlehrer erkennt sofort, wo es noch hapert, und der Schüler kann das Wissen und die Erfahrung seines Begleiters situativ abrufen. Ein oder zwei Schul- oder Unterrichtsstunden sind allerdings zu wenig, um alle Fragen und Alternativen durchzugehen. Auch der Mathe-Führerschein umfasst in der Regel 20-30 Stunden. Beim Autofahren-Lernen sieht man das ein, beim Mathe-Lernen werden dagegen oft Wunder erwartet.
Natürlich gibt es Ausnahmen von der Regel, aber ein Schüler mit bisher mangelhaften Leistungen wird nicht nach ein oder zwei Nachhilfestunden die nächste Klassenarbeit gut schreiben. Auch wenn man die Gründe dafür gerne auf andere(s) schiebt, die Rahmenbedingungen, den Lehrer, Corona etc., so bedarf es in den meisten Fällen einer Verhaltensänderung seitens des Schülers – und die dauert länger!
Was ich z.B. fast immer beobachte, ist, dass Schüler viel zu viel Zeit zwischen Wissensvermittlung und Wiederholung verstreichen lassen. Hausaufgaben – sofern es überhaupt welche gibt – werden als notwendiges Übel so weit wie möglich nach hinten geschoben, statt an den Anfang, wo sie hingehören. Was viele scheinbar nicht wissen: Vergessen geht schnell! Hermann Ebbinghaus fand das bereits vor mehr als hundert Jahren heraus. Seine „Vergessenskurve“ fällt in den ersten Minuten sehr stark ab. Bereits nach einer Stunde erinnern wir nur noch knapp die Hälfte, nach einem Tag ca. ein Drittel, nach sechs Tagen nicht mal mehr ein Viertel dessen, was wir gelernt haben.
Wer also glaubt, es würde ausreichen etwas verstanden zu haben, der irrt. Wiederholungen sind die Strategie des Meisters! Das macht man idealerweise in einem zeitlichen Abstand von weniger als einer Stunde, spätestens aber abends desselben Tages. Wichtig ist, dass man den ganzen Stoff wiederholt, damit man wieder auf die Hundert-Prozent-Ebene gelangt. Das Vergessen erfolgt dann langsamer und man kann mit dem zweiten Durchlauf etwas länger warten.